Die Jungen Liberalen Darmstadt fordern, mit Ausnahme der Kommunalwahl, für alle politischen Wahlen in Hessen die Einführung der Präferenzwahl bei Personenwahlen (OB-Wahlen, Landratswahlen, LTW-Direktkandidaten etc.) und/oder Listenwahlen (Landtagswahl). Perspektivisch soll dies analog auch auf Bundesebene angestrebt werden.
Begründung
In einer Präferenzwahl (engl. Ranked Choice Voting) vergibt der Wähler nicht ein einzelnes Kreuz wie bei der Einzelstimmenwahl, sondern er nummeriert die zur Verfügung stehenden Optionen in einer Rangfolge (1, 2, 3, …) gemäß seiner Vorliebe. Scheitert eine Option bspw. an einer Sperrklausel oder weil sie nicht die nötige Mehrheit hat, so wird diese Option eliminiert und die einzelnen Wählerstimmen werden gemäß der individuell gewählten Rangfolge auf die nächstbeste verfügbare Option übertragen. Die Eliminierung wird so lange wiederholt, bis alle verbleibenden Optionen die nötigen Mehrheiten erlangt haben.
Die Präferenzwahl ist demokratischer als die Einzelstimmenwahl, denn:
- Durch die Präferenzwahl gehen wesentlich weniger Stimmen verloren. So hätten bspw. die bei der Bundestagswahl 2021 die über 4 Mio. (8,6%) der abgegebenen Stimmen, welche aufgrund der 5%-Hürde unwirksam waren, auf Alternativen übertragen können. Die Wahlbeteiligung steigt zudem, weil Wähler ihre Stimme nicht von vornherein hoffnungslos verloren sehen.
- Mit einer Rangfolge kann der Wähler seinen Willen erheblich akkurater mitteilen. Gewinner ist, wer den meisten Rückhalt aus der Bevölkerung (auch aus anderen Lagern) auf sich vereint. Das Wahlergebnis ist folglich besser legitimiert. Direktkandidaten, die bei einer Landtagswahl mit nur 25% der Stimmen ihren Wahlkreis gewinnen und 75% frustrierte Wähler zurücklassen, gehören der Vergangenheit an.
- Taktische Wahlen werden reduziert. Stattdessen wählen Wähler ihren tatsächlichen Favoriten. Die Erfolgsaussicht einer Option hat keinen Einfluss mehr auf die Stimmvergabe. Die 5%-Hürde bleibt bestehen, aber ihr Teufelskreis (wer zu klein ist, wird nicht gewählt) wird gebrochen. Die Eintrittsschwelle für Newcomers und Außenseiter wird reduziert. Die Präferenzwahl erzeugt also eine de facto größere Wahlfreiheit.
Zwar sind Präferenzwahlen aufwändiger auszuzählen, doch werden Stichwahlen überflüssig, da sie bereits (implizit) in die Präferenzwahl integriert sind. So werden Kosten gespart und Wahlkämpfe auf einen einzigen Wahltermin ausgerichtet. Die Bereitschaft, wählen zu gehen, steigt.
Da Kandidaten und Parteien auch um Zweit- und Drittstimmen werben müssen, besteht der Anreiz, sich auch in die Gunst der Wähler anderer Kandidaten/Parteien zu bewegen. Dies wirkt Polarisierung und Hardlinertum entgegen, reduziert Negative Campaigning und führt zu einer tiefergehenden, ausdifferenzierten Profilierung der Kandidaten und Parteien. Der Nährboden für die AfD und andere Protestparteien wird trockengelegt.
Die Präferenzwahl hat sich in Australien, Irland und Malta schon seit einem Jahrhundert bewährt und ist öffentlich beliebt. Zunehmend mehr Staaten, Regionen und Städte implementieren die Präferenzwahl in ihre Wahlverfahren, u. a. 2002 San Francisco, 2006 Minneapolis, 2007 Papua-Neuguinea, 2016 Maine, 2021 NYC und 2022 Alaska.